Wendepunkt im Kampf für die Lebensqualität von Frauen?

Frau hält ihren Bauch auf einem Sofa.

Schon seit langem ist bekannt, dass Frauen mit Menorrhagie signifikant niedrigere Quality-of-Life-Werte (z.B. SF-36) aufweisen als Frauen mit normalem Menstruationsblutverlust. Insbesondere sind die mentalen Gesundheitsskalen stärker betroffen als die physischen.1 Auch körperliche Schmerzen waren eng mit Menstruationsblutungen im Allgemeinen und Menorrhagie im Besonderen verbunden.

Menorrhagie, auch als starke Menstruationsblutung bekannt, ist eine der häufigsten Menstruationsstörungen bei Frauen im gebärfähigen Alter. Diese Erkrankung zeichnet sich durch eine verlängerte (mehr als 7 bis 10 Tage) und verstärkte Menstruation aus, bei der der Blutverlust über 80 ml pro Zyklus beträgt.2 Annähernd jede vierte Frau ist von Menorrhagie betroffen.3 In Deutschland ist die Situation von Frauen mit Menorrhagie ebenso besorgniserregend, und es bedarf effektiver Behandlungsansätze, um die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.

Ursachen und Pathogenese

Die Ursachen für Menorrhagie sind vielfältig und können von strukturellen Anomalien wie Myomen oder Polypen bis hin zu hormonellen Dysbalancen reichen. In vielen Fällen bleibt die genaue Ursache jedoch unbekannt. Prostaglandine spielen eine entscheidende Rolle bei der Pathogenese von Menorrhagie, da sie die Kontraktionen der Gebärmuttermuskulatur und somit den Blutfluss beeinflussen. Eine weitere mögliche Ursache ist die Adenomyosis uteri, eine Form der Endometriose, bei der das Myometrium betroffen ist und die oft mit Menorrhagie und Dysmenorrhö einhergeht4. Nach einer gründlichen Anamnese erfolgt die Diagnose von Menorrhagie anhand klinischer Kriterien und diagnostischer Tests, wobei es sich gerade bei der nicht-strukturell bedingten Menorrhagie häufig um eine Ausschlussdiagnose handelt.

Behandlungsansätze

Medikamentöse Therapie

Gemäß den Leitlinien wird bei einer Menorrhagie zunächst eine medikamentöse Behandlung in Betracht gezogen5. Dies umfasst hormonelle Therapien wie orale Kontrazeptiva oder Hormonspiralen sowie nichtsteroidale Antiphlogistika. Diese Therapien zielen darauf ab, den Blutfluss zu reduzieren und die Symptome zu lindern. Allerdings sind diese Behandlungen nicht immer ausreichend wirksam oder können aufgrund von Kontraindikationen, Unverträglichkeiten oder auf Grund der Ablehnung von Hormonbehandlungen nicht angewendet werden.

Operative Verfahren

Wenn medikamentöse Therapien nicht ausreichen oder nicht geeignet sind, kommen operative Verfahren in Betracht. Diese sind jedoch nur dann geeignet, wenn kein weiterer Kinderwunsch besteht5. Zu den gängigen uteruserhaltenden Interventionen gehören verschiedene Verfahren zur Ablation oder Resektion des Endometriums. Diese werden in Verfahren der ersten und zweiten Generation unterteilt. Verfahren der ersten Generation, wie die monopolare oder bipolare Schlingenresektion, erfolgen unter hysteroskopischer Kontrolle. Bei Verfahren der zweiten Generation hingegen, wie der Hochfrequenzablation (HF-Ablation) oder der Ballonablation, ist eine Hysteroskopie nicht zwingend notwendig, wird aber häufig vor- und/oder nachgeschaltet, um die Diagnose vor Therapiebeginn abzusichern oder den Erfolg der Therapie im Anschluss zu überprüfen. Die Hochfrequenzablation (HF-Ablation) bietet im Vergleich zu den anderen hier genannten Ablationsmethoden eine kürzere Behandlungsdauer und einen höheren Nutzen für Patientinnen.4 

Verbesserungsmöglichkeiten und Empfehlungen

Auch heute noch ist die Menstruation mit vielen Tabus und Sagen umwoben. Ein unbeschwerter und offener Umgang damit würde die Situation von Frauen mit Menorrhagie in Deutschland schon verbessern. Daneben sind aber weitere Maßnahmen notwendig, um die Situation nachhaltig zu verbessern:

  • Früherkennung und Diagnose: Eine verbesserte Aufklärung und Sensibilisierung für die Symptome von Menorrhagie können dazu beitragen, dass betroffene Frauen schneller diagnostiziert und behandelt werden.
  • Individuelle Therapieansätze: Die Wahl der Therapie sollte individuell auf die Bedürfnisse der Patientinnen abgestimmt werden. Dabei sollten sowohl medikamentöse als auch operative Optionen in Betracht gezogen werden.
  • Fortbildung von Gesundheitsdienstleistern: Ärzte und andere Gesundheitsdienstleister sollten regelmäßig geschult werden, um über die neuesten Behandlungsansätze und Leitlinien informiert zu bleiben.
  • Forschung und Entwicklung: Weitere Forschung ist erforderlich, um die Ursachen von Menorrhagie besser zu verstehen und neue, effektivere Behandlungsmethoden zu entwickeln.

Fazit

Menorrhagie ist eine häufige und belastende Erkrankung, die die Lebensqualität von Frauen erheblich beeinträchtigen kann. Durch eine frühzeitige Diagnose und individuell angepasste Behandlungsansätze können die Symptome gelindert und die Lebensqualität der Betroffenen verbessert werden. Operative Verfahren wie die HF-Ablation bieten effektive Behandlungsmöglichkeiten, sollten jedoch im Dialog zwischen Arzt und Patientin sorgfältig abgewogen und auf die Bedürfnisse der Patientinnen abgestimmt werden.

Ein erster Schritt in die richtige Richtung ist dabei die flächendeckende Erstattung der Hochfrequenzablation durch die gesetzlichen Krankenkassen, so dass sich diese einfache, hormonfreie und gebärmuttererhaltende Therapie schon kurz nach der Erstattung als Goldstandard unter dem Ablationsarten etabliert hat und einen wichtigen Wendepunkt bei der Bekämpfung der leisen Volkskrankheit Menorrhagie markiert. Durch kontinuierliche Forschung und Weiterbildung im Gesundheitswesen können weitere Fortschritte erzielt und die Versorgung von Frauen mit Menorrhagie in Deutschland nachhaltig verbessert werden.

    1. Karlsson TS, Marions LB, Edlund MG. Heavy menstrual bleeding significantly affects quality of life. Acta Obstet Gynecol Scand. 2014 Jan;93(1):52-7. doi: 10.1111/aogs.12292. Epub 2013 Nov 25. PMID: 24266506.
    2. Pschyrembel online, https://www.pschyrembel.de/Menorrhagie/K0E1T/doc/ eingesehen am 24. September 2024.
    3. Fraser IS, Mansour D, Breymann C et.al. Prevalence of heavy menstrual bleeding and experiences of affected women in a European patient survey, International Journal of Gynecology and Obstetrics 128 (2015) 196–200. https://doi.org/10.1016/j.ijgo.2014.09.027.
    4. IQWiG-Berichte – Nr. 1237, Hochfrequenzablation des Endometriums mittels Netzelektrode bei Menorrhagie - Abschlussbericht, Auftrag: N20-06, Version: 1.0, Stand: 05.11.2021. https://www.iqwig.de/download/n20-06_hochfrequenzablation-bei-menorrhagie_abschlussbericht_v1-0.pdf.
    5. Gallinat A. An Impedance-Controlled System for Endometrial Ablation: Five-Year Follow-up of 107 Patients. J Reprod Med. 2007; 52(6): 467 – 472.
    6. Savran M M, Sørensen S M, Konge L et al.Training and Assessment of Hysteroscopic Skills: A Systematic Review, Journal of Surgical Education, Volume 73, Issue 5, 2016,Pages 906-918.