Konsens über den Verzicht auf blinde gynäkologische Prozeduren

Blinde gynäkologische Eingriffe, wie z. B diagnostische und therapeutische Verfahren im Uterus ohne Visualisierung, sind weltweit weiter üblich.
Tatsächlich war deren Abschaffung die wichtigste Empfehlung des Kongresses „Technological Revolution in Hysteroscopy“ (HTRS), 2022 in Malaga, auf dem die Global Community of Hysteroscopy (GCH), die American Association for Gynaecological Laparoscopy (AAGL) und die European Society for Gynaecological Endoscopy (ESGE) übereinstimmend festgestellt haben, dass Verfahren mit direkter Visualisierung ein geringeres Risiko für die Frauen darstellen.1
Welche Risiken sind mit blinden gynäkologischen Eingriffen verbunden?
Blinde gynäkologische Eingriffe sind mit einer Reihe von Risiken verbunden – nicht zuletzt durch den Umstand, dass die medizinischen Fachkräfte keine direkte Sicht auf die untersuchten Bereiche innerhalb der Gebärmutter haben und dadurch möglicherweise Anomalien unerkannt bleiben. In einer Studie zur Beurteilung der Wirksamkeit einer Entnahme von Endometriumproben durch ein (blinde) Kürretage wurde festgestellt, dass nur 7,7 % der Fälle von Endometriumhyperplasie dadurch diagnostiziert werden konnten.2 Außerdem blieben bei 87 % der Frauen mit fokalen Läsionen in der Gebärmutterhöhle die Läsion oder Teile davon nach dem Eingriff weiter bestehen.3
In Abhängigkeit vom Grund des Eingriffs gibt es auch Bedenken hinsichtlich der Patientinnensicherheit und des Auftretens weiterer Komplikationen. So besteht beispielsweise im Fall von Plazentaresten, zu deren Entfernung sehr häufig eine (blinde) Kürretage durchgeführt wird, das Risiko einer Uterusperforation, einer Infektion und der Entwicklung von Verklebungen, was zu zukünftigen Fruchtbarkeitsproblemen führen kann.4
Welche Alternativen gibt es zu blinden gynäkologischen Prozeduren?
Die Hysteroskopie ist eine Alternative, um blinde Eingriffe zu vermeiden, und wird von vielen als Goldstandard zur Beurteilung einer Pathologie des Endometriums angesehen.5 Diese Ansicht wurde durch die Entwicklung von Instrumenten mit kleinerem Durchmesser noch verstärkt, die eine Aufdehnung des Gebärmutterhalses und eine Anästhesie überflüssig machen.5 Die direkte Visualisierung der Gebärmutterhöhle ermöglicht eine gezielte Biopsie und Probenentnahme von Läsionen, während bei einem blinden Verfahren erhebliche Zweifel darüber bestehen ob alle Läsionen berücksichtigt wurden.6
Welche Schritte sind erforderlich, um die Abhängigkeit von blinden gynäkologischen Prozeduren zu beenden?
Die Ausbildung bleibt eine zentrale Herausforderung – eine systematische Literaturrecherche zur Ausbildung und Bewertung in der Hysteroskopie stellte große Unterschiede in der Wirksamkeit der Schulungsinstrumente fest. Ebenso war der Nachweis über die Beurteilung der erworbenen Fähigkeiten limitiert.7
Während eine medizinische Fachkraft bereits relativ früh in ihrer Karriere eine Ausschabung durchführen kann, erfordert eine Hysteroskopie ein höheres Maß an Geschicklichkeit und Fingerfertigkeit. Die Gynäkologen müssen sich sicher fühlen, bevor sie den Eingriff vornehmen, und haben seit kurzem auch die Möglichkeit, mithilfe von Simulation und digitalen Tools wie Augmented Reality (AR) zu üben. Diese Tools weltweit verfügbar zu machen, ist eine der wichtigsten Prioritäten.
Gemeinsame Verantwortung für den Wandel
In anderen medizinischen Fachbereichen wäre es selbstverständlich, sich für eine gerichtete Biopsie oder eine Behandlung ein genaues Bild von der Läsion oder dem verdächtigen Bereich zu machen. Dagegen werden weiterhin blinde gynäkologische Prozeduren durchgeführt.
Nach dem Beginn der Debatte über blinde gynäkologische Eingriffe müssen wir die Dynamik zur weltweiten Veränderung des Therapiestandards für Frauen gemeinsam aufrechterhalten.
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Kennnummer wo zutreffend
Accesswire. [Internet] Gynaecologists Warn That Blind Gynaecological Inverventions Endanger Women’s Health. Pressemitteilung. 2. Juni 2022. [Zitiert im April 2024] Abrufbar unter: https://www.accesswire.com/703708/gynaecologists-warn-that-blind-gynaecological-interventions-endanger-womens-health [Zuletzt aufgerufen im März 2023].
Lee DO, Jung MH, Kim HY. Prospective comparison of biopsy results from curettage and hysteroscopy in postmenopausal uterine bleeding. J Obstet Gynaecol Res. 2011 Okt;37(10):1423-6.
Epstein E, Ramirez A, Skoog L et al. Dilatation and curettage fails to detect most focal lesions in the uterine cavity in women with postmenopausal bleeding. Acta Obstet Gynecol Scand. 2001 Dez;80(12):1131-6.
Alonso Pacheco L, Timmons D, Saad Naguib M et al. Hysteroscopic management of retained products of conception: A single center observational study. Facts Views Vis Obgyn. 2019 Sep;11(3):217-222.
Daniilidis A, Pantelis A, Dinas K et al. Indications of diagnostic hysteroscopy, a brief review of the literature. Gynecol Surg 9, 23–28 (2012). https://doi.org/10.1007/s10397-011-0695-3.
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Savran M M, Sørensen S M, Konge L et al.Training and Assessment of Hysteroscopic Skills: A Systematic Review, Journal of Surgical Education, Band 73, Ausgabe 5, 2016, Seite 906-918.